Innovation: Was Führungskräfte von Jazz lernen können

Gastbeitrag von Jean-Philippe Hagmann: Unternehmen, die auch in Zukunft erfolgreich bleiben wollen, müssen weiterhin ausgezeichnete klassische Musik spielen. Sie sollten aber nebenbei eine kleine Jazzbar eröffnen, in der hochkarätige Jazzmusiker tagein tagaus Neuland entdecken können. Wir zeigen, wie Unternehmen so endlich innovativ werden können.

Effizienz ist – zurecht – das Zauberwort. Und dies seit die Industriali­sierung es uns ermöglicht hat, früher handge­fertigte Produkte nun maschinell in Massen zu produzieren. Nur durch die enorme Effizienz­steigerung aufgrund von Maschinen, Management­prozessen, Arbeits­trennungen, etc. wurden so grosse und erfolgreiche Unternehmen, wie wir sie heute vorfinden, möglich.

„Es ist die Effizienz, die es unseren Unternehmen ermög­licht, gute Geschäfts­modelle zu skalieren. Und nur wer skaliert, kann auch wachsen.“

Effizienz und klassische Musik

Ein hocheffizientes Unternehmen gleicht einem professionellen klassischen Orchester. Es besteht aus Spezialisten, die ihren Platz im Ganzen genau kennen, und einem Dirigenten, der in seinem Kopf bereits das fertige Werk in- und auswendig kennt. Auch das anspruchs­volle Publikum besitzt bereits eine sehr genaue Vorstellung davon, was es im Konzert zu erwarten hat. Jeder Ton ist minutiös geplant, Fehler sind hier nicht erlaubt. Und es werden zumeist sehr alte Stücke wiedergegeben. Die klassische Musik ist wunderschön und in ihrer Perfektion liegt deren Magie.

Leider hat die Effizienz auch eine Schatten­seite – und diese wird in der heute so schnell­lebigen Welt immer offensicht­licher. Effizienz ist nur dann möglich, wenn das Ziel bekannt ist. Effizienz baut auf Erfahrungs­werten auf. Effizienz vermeidet unsichere Experimente. Und somit wird die Effizienz zum Gegenteil dessen, was es braucht, um radikal innovativ zu sein.

Innovieren und Jazzmusik

Wer radikal innovieren möchte, weiss zu Beginn noch nicht, wie das Ziel auszusehen hat. Wer radikal innovieren möchte, muss sich von den eigenen Erfahrungen lösen können. Wer radikal innovieren möchte, muss viele unsichere Experimente wagen.

„Das radikale Innovieren ist wie guter Jazz.“

Auch hier spielen – wie bei der klassischen Musik – Profis miteinander, doch die Stücke entstehen spontan, jedes ist anders. Keiner der Spieler hat von Anfang bis zum Schluss den Lead. Die Führung wird fliessend und situativ weitergereicht. Jazz ist aber trotz seiner Unvorherseh­bar­keit keineswegs chaotisch.

Guter Jazz entsteht nicht dann, wenn man irgendwelchen Musikern zufällig Instrumente in die Hand drückt und sie auffordert zu spielen. Jazzmusiker üben jahrelang, um dann im entscheidenden Moment spontan zu sein. Sie üben jahrelang, um sich im gesamten, riesengrossen Möglichkeits­raum bewegen zu können.

Radikal innovativ werden

Diese zwei Musikrichtungen beschrei­ben sehr schön, wie die zwei Welten in radikal innovativen Unternehmen auszusehen haben. Wirklich effizientes Tagesgeschäft sollte demnach wie klassische Musik sein – die kleine Abteilung hingegen, welche sich der radikalen Innovation verschreibt, wie Jazz.

Was diesen Vergleich so schön macht, ist die wichtige Fest­stellung, dass die Innovatoren, genauso wie die Jazz­musiker, gewohnt sein müssen, Muster zu durchbrechen, Spontanität, Zufälle und Fehler zu akzeptieren und positiv zu nutzen – sowie darin geübt sein müssen, in allem Tausende von Möglich­keiten zu sehen. Es sind kreative Profis – nie Amateure.

Mehr darüber lesen und eintauchen

Was es alles braucht, um von einer Organisation aus reinen klassischen Musikern zu einem Klassik-Jazz-Hybriden zu werden, beschreibt Jean-Philippe Hagmann in seinem neuen Buch „Hört auf, Innovations­theater zu spielen!“.

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