In den nächsten 5 Jahren müssen 80’000 KMU mit 400’000 Arbeitsplätzen an die nächste Generation weitergegeben werden. Doch bei einem beträchtlichen Teil der Firmen geht die Nachfolge schief. 30 Prozent* finden keinen Nachfolger. Warum das so ist und wie die Nachfolgeregelung erfolgreich gelingt, erklärt Jörg Sennrich, Geschäftsführer von KMU Next.
Ein Interview von Raphael Ledergerber
Jörg, in den nächsten 5 Jahren werden 80’000 Schweizer KMU ihre Nachfolge regeln müssen – eine riesige Menge und enormes Veränderungspotenzial! Wie beurteilst du die Situation?
Viele Schweizer sind sich der volkswirtschaftlichen Relevanz unserer KMU-Landschaft und unseres Unternehmertums nicht oder zu wenig bewusst. Wenn in den Unternehmen keine Nachfolgeregelungen gefunden werden, bedeutet dies in der Regel das Aus für die betroffenen Firmen und deren Mitarbeitenden. Es mangelt nach wie vor an handfesten Lösungsansätzen für den KMU-Unternehmer.
Welche Herausforderungen siehst du auf die Unternehmer zukommen?
Die Klärung der Unternehmensnachfolge an sich beinhaltet komplexe Fragestellungen. Zudem werden die Unternehmer vom zunehmend komplexeren Umfeld stark gefordert. Die Unternehmer brauchen handfeste Unterstützung bei der Bewältigung der Herausforderungen des Marktes und des soziopolitischen Umfelds.
„Die Nachfolge muss 8-10 Jahre vor der Übergabe konkret angegangen werden.“
30 Prozent der KMU finden keinen Nachfolger. Warum ist die Misserfolgsrate derart hoch?
Es gibt viele Gründe. Die Regelung der Unternehmensnachfolge gestaltet sich sowohl als emotionaler als auch als wirtschaftlicher Prozess. Zahlreiche Einflussfaktoren gilt es zu bedenken und im Prozess zu berücksichtigen. Da es kein Patentrezept für „die Nachfolge“ gibt, muss jeder Generationenwechsel individuell betrachtet werden. Grundsätzlich ist feststellbar, dass die Nachfolge nicht oder zu spät geplant und kaum in Szenarien gedacht wird. Vor allem aber können viele Inhaber nicht „loslassen“.
Was müssen Unternehmer beachten, wenn sie in den nächsten Jahren ihre Nachfolge regeln sollten?
Am Anfang steht die Situationsanalyse mit konkreten Zielsetzungen, dem Vorgehen und Zeithorizonten. Wie soll die Zukunft des Unternehmens aussehen? Welche Nachfolgeszenarien gibt es und sind die Vor- und Nachteile? Die Familie und die Führungskräfte müssen involviert werden. Die Profilanforderungen für den geeigneten Nachfolger werden gebraucht. Hinzu kommen rechtliche und steuerliche Aspekte, die es zu berücksichtigen gilt. Eine Vielzahl von Fragen, die eine Antwort verlangen.
…und da kommt KMU Next ins Spiel.
Genau, hier kann der Verein Netzwerk KMU Next in einem kostenlosen Erstgespräch dem Unternehmer aufzeigen, welche Fachleute ergänzend zur Seite stehen und ihn beim Lösen der offenen Fragestellungen unterstützen können. Es sich empfiehlt, einen erfahrenen Spezialisten beizuziehen.
Wie kann das Unternehmen für eine Übergabe attraktiver werden?
Durch den Beizug eines Unternehmensberaters. Der Berater beurteilt das Unternehmen aus externer Sicht und definiert entsprechende Optimierungsmassnahmen. Dabei gilt es vor allem auch die Strategie, Organisation, Innovationskraft, Positionierung und Verkauf zu verbessern.
„Der Beizug eines Unternehmensberaters kann den Erfolg des Unternehmens in der Zukunft steigern und damit die Übernahme für den Käufer weitaus attraktiver machen.“
Gibt es Tabus bei der Nachfolge?
Ja, es gibt verschiedene Aspekte, die nicht oder nur ungern angesprochen werden. Einer ist die Liquidation der eigenen Firma. Dieses Szenario wird oft verdrängt und gesellschaftlich als Versagen abgestempelt. Wird weder familienintern noch extern eine Lösung für die Firmenfortführung gefunden, bleibt einzig die geordnete Geschäftsaufgabe als Option für die übrig.
…das heisst, es frühzeitig anzupacken?
Ja, unbedingt! Die Unternehmensnachfolge ist eine der wichtigsten strategischen Herausforderungen des Unternehmens. Die Nachfolge lässt sich nicht vermeiden, doch sie lässt sich planen.
Jörg Sennrich ist Geschäftsführer des Netzwerks KMU Next. Der non-profit-orientierte Verein bezweckt die KMU in der Nachfolgethematik zu sensibilisieren und zu unterstützen. KMU Next bietet neben dem wertvollen Beziehungsnetz speziell auf KMU ausgerichtete Dienstleistungen und Veranstaltungen an. Mit ihrer Mitgliedschaft tragen Einzelpersonen und Firmen zur Erhaltung von Arbeitsplätzen in der Schweiz bei: www.kmunext.ch
*Quelle: Frank Halter, KMU-Institut Universität St. Gallen in Handelszeitung.ch „Fehlende Nachfolge lässt zehntausende KMU sterben“, 22. Juni 2016
Ein sehr interessantes Interview das zeigt worauf es wirklich ankommt! Merci!
Grüezi
Danke für Ihre Rückmeldung, die uns sehr freut!
Wir wünschen Ihnen gute Entscheidungen und viel Erfolg!
Beste Grüsse
Raphael Ledergerber
Das Interview bringt es recht gut auf den Punkt.
Die Grundsituation in Deutschland entspricht derjenigen der Schweiz.
Der größte Hemmschuh ist der oftmals zu späte Start und das fehlende offene Herangehen an die Nachfolgeplanung, obwohl sie zu 100 % eintritt.
Guten Tag Herr Schilling
Danke für Ihr Feedback.
Ja, nur eines ist sicher: Wer nicht mit der Zeit geht (und seine Nachfolge regelt), geht mit der Zeit (sowieso). Anpacken lautet die Devise!
Beste Grüsse aus der Schweiz
Raphael Ledergerber
Interview zeigt die teils akuten Fragestellung auf. Es ist gut, gibt es solche Angebote, leider sind sie oft noch zu wenig bekannt oder für kleine Unternehmen sehr teuer. KMU Next ist da eine mögliche Alternative.
Das ist ein interessanter Ansatz. Was ist teuer? Die Beratung hat ihren Preis, die Frage ist, was durch sie erreicht wird?
Wenn die (langfristige) Beratung dazu beiträgt, dass zum einen der Familienfrieden erhalten bleibt, keine Erbstreitereien entstehen, die Mitarbeiter ihre Arbeitsplätze behalten, die Lieferanten weiterhin Lieferanten sein können, die Kunden weiterhin optimal bedient werden, Jugendliche ihre Ausbildung im Unternehmen absolvieren können usw., was ist dann ein Preis X?.
(Langfristige) Nachfolgeberatung setzt genau an diesen Punkten an, Zudem erzielen solchermaßen unterstützte Unternehmen eine wesentliche höhere Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit und in der Folge mit großer Wahrscheinlichkeit auch mehr interessierte Übernehmer.
Das alles gelingt aber nur, wenn die Nachfolgeberater etwas mehr tun, als dies bisher in der Regel der Fall ist.
Zwei typische Fragen hierzu:
1. Welcher Nachfolgerberater hat es geschafft, dass zum Beispiel die Investitionsbereitschaft nach der Entscheidung des Unternehmers, seine Position zu verlassen, auf hohem Niveau erhalten bleibt?
2. Welcher Nachfolgeberater hat erreicht, dass die Innovationsbereitschaft des gleichen Unternehmers nach seiner Abgangsentscheidung bis zum tatsächlichen Ausscheiden erhalten bleibt, oder sogar zunimmt und die wichtigsten Mitarbeiter/Mitstreiter in das Thema voll involviert sind?
Dies sind nur 2 Messlatten für erfolgreiche Nachfolgeberatung. Was RA’e, WP, M&A Gesellschaften, IHK’en, Banken etc. bieten, spielt in einer deutlich späteren Phase die entscheidende Rolle.
Daher: Unternehmensnachfolge splittet sich in äusserst unterschiedliche Themenbereiche, von denen, mit Verlaub, die vorgenannten Gruppen zum Teil nur wenig verstehen, geschweige denn durch geeignete Beratungsmethoden umsetzen können.
Richtig interessant wird es, wenn Langfristberater und die Kurz- /Mittelfristakteure sinnvoll kooperieren. Das erzeugt echten Nutzen und die Preise rechnen sich für alle Beteiligten.
Grüezi Herr Ritschard
Danke für Ihren Kommentar!
KMU Next schliesst da meines Erachtens definitiv eine Lücke. Der Verein wird sicherlich noch viel von sich reden machen und entsprechend weiter stark wachsen.
Beste Grüsse
Raphael Ledergerber